Donnerstag, 2. Mai 2013

Achsenbruch? Von Johanna Möhring

Das Tandem “Merkollande” startete bekanntlich nicht unter den besten Bedingungen: Francois Hollande hatte Wahlkampf mit dem Versprechen geführt, den mühsam ausgehandelten Stabilitätspakt neu zu verhandeln und der europäischen Sparpolitik ein Ende zu bereiten. Frau Merkel unterstützte im Gegenzug Hollandes Gegner Nicolas Sarkozy nach Kräften. Ein symbolträchtiger Blitzschlag, der das Flugzeug des französischen Präsidenten auf dem Weg nach Berlin zur Umkehr zwang, verzögerte den Antrittsbesuch bei der Kanzlerin. Nun zieht eine regelrechte Schlechtwetterfront von Westen heran, die das deutsch-französische Verhältnis dauerhaft trüben könnte. 

Nach Sparpolitik-bedingtem (Dauer-)Donnergrollen im Regierungsbündnis meldete sich am 25. April der Präsident der Nationalversammlung, der Sozialist Claude Bartolone mit der Forderung nach einer Bündelung des linken Flügels und einer zweiten Hälfte der Amtszeit Hollandes verstärkt im Zeichen der Sozialpolitik. Zudem erwarte er, dass Frankreich als Anführer der Euroländer, die den aktuellen ausschliesslichen Austeritätskurs ablehnten, mit Deutschland auf Konfrontation gehen sollte. Ein nicht ungefährliches Spiel. 
Alles neu macht der Mai... Aktueller Aufruf zur Demo gegen Finanzwelt
und Austerität auf Pariser Wänden

Ob Herr Bartolone seine schlecht verheimlichten Ambitionen auf den Premierministerposten verwirklichen kann, bleibt zu sehen. Fest steht jedoch, dass seine Attacken gegen Deutschland den Zeichen der Zeit, nicht nur in Frankreich, sondern auch in der sogenannten Europeripherie entsprechen. Am 26. April meldeten sich die Sozialisten mit einem Positionspapier für den im Juni geplanten Europa-Konvent der Partei, das Angela Merkel persönlich angreift. Das Papier beschwört die Horrorvision einer EU, in der außen der Freihandel und innen blinde Sparpolitik wütet, eines Europas, welches auf dem Altar einer unheiligen Allianz zwischen einem thatcheristischen England und einem unnachgiebig egoistischen Deutschland geopfert wird. Frankreich stände unter den großen europäischen Ländern allein mit einer wahrhaft europäisch gesinnten Regierung.

Zwar wurden die Bemerkungen ad hominem letztendlich herausgenommen. Jean Ayrault, der glücklose germanophile Premierminister tweetete auf deutsch im Dienste der deutsch-französischen Freundschaft, der Elysee-Palast wiegelte ab. Doch der Schaden ist da. Die deutsche Reaktion fiel seltsam gelassen, fast schon gleichgültig aus, woraus man wohl schließen kann, wie viel Berlin von den Franzosen aktuell erwartet.
Europäische Bestattungen - Wird die deutsch-französische Freundschaft zu Grabe getragen? 
Die wirtschaftliche Schwäche Frankreichs, der aktuelle Fokus der Europäischen Union auf rein ökonomische Themen, der außen- und sicherheitspolitische Fragen, wichtig nicht nur für Frankreich, sondern auch für die EU, vernachlässigen, der Unwillen Deutschlands, für die gemeinsam von 27 Regierungen getroffenen Entscheidungen angefeindet zu werden, ohne auf Rückendeckung von Frankreich hoffen zu können. Kann man unter solchen Bedingungen noch von einem deutsch-französischen Motor für Europa sprechen?

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